Mit etwa 500 Höhenmetern erhebt sich die Basalthochfläche Giara di Gesturi am Rande der Marmilla . Sie wird auch Sa Jara Manna genannt und ist die größte Giara in dieser Gegend mit fast 50 Quadratkilometern Ausdehnung. Oben ist sie nahezu flach , sodass man fast ein Riesentischtuch auf ihr ausbreiten könnte. Die Ausnahme bilden zwei Vulkankraterchen, die mit um die 600 Höhenmetern auftrumpfen, aber eigentlich nicht ins Gewicht fallen.
Einige Wege führen nun auf diesen besonderen Tafelberg hoch. Die bekannteste ist die vom namensgebenden hübschen Ort Gesturi aus.
Dort wird die Straße hoch auch gut ausgeschildert. Sie führt einfach den Berg hinauf, in der Mitte befindet sich ein Infohäuschen. Vor vielen Jahren mussten wir dort bei unserer ersten Auffahrt auf die Giara noch eine Art Maut entrichten. Letzten Oktober war da aber niemand mehr und wir fuhren so hoch bis zum großen Parkplatz.
Wir genossen die Aussicht in das trockene und braungebrannte Land, besahen uns kurz die Fahrradausleihstation mit einem witzigen Ausleiher und Fahrrädern der unterschiedlichsten Qualität, die zu einem selbstbestimmten Preis ausgeliehen werden können. Ich rate die Fahrräder genau unter die Lupe zu nehmen, will man nicht früher oder später seinen Ausflug zu Fuß weiterführen.
Wir gingen dann am Rande der Hochfläche zu einer relativ unscheinbaren Nuraghe, Bruncu Maduli, vor. Danach ging es wieder abwärts, da es schon später Nachmittag war und uns die ebenfalls sehr ausgetrocknete Hochfläche nicht wirklich reizte.
Jetzt aber Ende März hat sich ein ganz anderes Bild gezeigt von dieser wunderschönen Hochfläche, die auch ein ganz besonderes Naturschauspiel bietet. Dieses Mal haben wir die anderen, unbekannteren Auffahrten genommen und mit der Giara di Setzu begonnen. Im Ort findet man kleine Holzschildchen als Wegweiser, Altopiano della Giara. Schon bei der Auffahrt begeistert die grüne Landschaft unter einem.
Viele verschiedene Grüntöne so weit das Auge in die Marmillaebene blicken kann. Oben angekommen kann / muss man das Auto parken und zu Fuß weiter.
Nach kurzer Wegstrecke haben wir unser erstes Ziel erreicht, die sogenannten Pauli. Das sind richtiggehend Seenplatten, die sich aufgrund der Niederschläge im Winter und Frühjahr bilden. Da die Hochfläche aus Basalt besteht, sammelt sich dort das Wasser und bildet eben jene Seeflächen. Die Pauli sind unterschiedlich groß und über die gesamte Giara verteilt.
Wir waren am Pauli Majori dem größten See. Im Frühjahr bilden sich dann dort regelrechte Blütenteppiche auf der Wasserfläche und locken Tiere zum Trinken an.
Dabei trifft man dann auch mit Glück auf die vielbeschriebenen Wildpferde der Giara. Man geht davon aus, dass die Phönizier diese Tiere mitgebracht und sie dort oben dann ihrem Schicksal überlassen haben.
Früher dienten die Pferde, die in Familienbesitz waren, als Arbeitstiere für die schwere Ackerarbeit oder zum Dreschen des Getreides in den umliegenden Dörfern bis hin nach Oristano und Cagliari. Nachdem die Mechanisierung Ende der fünfziger Jahre einsetzte, wurden die Tiere zu teuer und deshalb verkauft oder geschlachtet. Dadurch verringerte sich der Bestand auf fast nur noch 150-200 Tiere. Nachdem der Bestand in den sechziger Jahren so sehr zurückgegangen ist, sollen es heute wieder um die 600 Wildpferde sein. Dank des aufkommenden Naturschutzgedankens kaufte ab 1996 die “ex Comunità Montana della Giara” alle Tiere vollends auf. Wir haben nur etwa sechs dieser Pferde gesehen, die relativ klein sind und eine satte Braunfarbe haben mit einem buschigen Schweif. Da ich jetzt nicht zu der Gruppe der Pferdenärrinen gehöre, war mir das auch ausreichend genug.
Geht man den Weg weiter, kommt man zum Hinweisschild, das den Weg zu einer Nuraghe weist. Dem sind wir natürlich gleich nachgegangen. Irgendwie waren wir zu doof den richtigen Weg zu finden, da wir querfeldein durch letztendlich Gestrüpp liefen, um an einem ungeordneten Steinhaufen zu landen. Mir schien es, als könnte ich die runde Formen der Nuraghe noch ausmachen inmitten der Steine.
Auf der Tafel stand zu lesen, dass die Giara bereits in der Neusteinzeit besiedelt war, was Funde von Werkzeugen und bearbeitetem Obsidian bezeugten. Außerdem hat man Steingräber, domus de janas, am Rande der Giara gefunden.
Danach belegen Funde, dass die Nuragher ebenfalls auf der Giara waren. Aus dieser Zeit stammen die Nuraghen am Rande der Hochfläche, zu der auch die von uns aufgesuchte gehörte, die den Namen Nuracciussu trägt. Insgesamt sollen 27 Ansiedlungen auf der Giara gewesen sein, am Rande gelegen und nur teilweise bewohnt. Man geht davon aus, dass die 22 Nuraghen am Rande der Giara dazu dienten, die unten in der Ebene gelegenen Orte zu bewachen. Von dort oben war der Feind natürlich schon von weither ausfindig zu machen.
Nachdem wir nun aber die Nuraghe nicht so recht ausfindig machen konnten und ich zudem dann auch noch einen losen Stein weggetreten habe, was von meinem Mann mit bösen Worten begleitet wurde, da er das Naturdenkmal gefährdet sah, traten wir den Rückzug an. Ich kam mir vor wie der böse Obelix, der einstens die Nase der Sphinx abgebrochen hat.
Wir gingen zum Parkplatz zurück und fuhren wieder den Berg hinab nach Setzu. Unterwegs hielten wir noch an dem Domus de Janas zu einer kurzen Pause an.
Weiter ging es nach Tuili, um die nächste Giaraauffahrt anzutreten. Auch da gibt es kleine Hinweisschilder aus Holz. Tuili ist ein sehr schöner Ort, mit vielen restaurierten Steinhäusern , in sich stimmig. Mir fiel auf, dass sehr viele Häuser renoviert sind und ebenso die Gassen und Sträßchen durch den Ort. Vielleicht hat hier auch die Gemeinde die Hände im Spiel. Schon um die wunderschönen Innenhöfe beneide ich die Eigentümer.
Auch diese Auffahrt belohnt mit wunderbaren Ausblicken. Oben angekommen, findet man ebenso einen üppigen Parkplatz. Gleich ist eine Picknickstation im lichten Wäldchen auszumachen und ein Infohaus, das aber gerade nicht geöffnet hatte, aber ansonsten sicherlich wertvolle Hinweise bietet.
Wir sind dann zuerst dem Hinweisschild zur Kirche Santa Luisa gefolgt, die sich an der Abbruchkante der Giara Tuili befindet. Bevor diese Landkirche gebaut wurde an diesem herrlichen Aussichtspunkt, waren hier auch schon die Nuragher zugange.
Die Reste einer Nuraghe bezeugen dies. Allerdings wurde auf diesen Resten ein christliches Kreuz errichtet und dadurch die Nuraghe zerstört. Ist halt immer das Gleiche.
Aus der römischen Epoche findet man noch Reste von Steinhäusern, ebenso wurden Mühlen für Getreide und Pressen für Obst gefunden. Das bedeutet, dass zu dieser Zeit dort oben Getreide angebaut wurde und ein reges Dorfleben stattfand.
Zurück zum Parkplatz, ging es dann von dort aus zum botanischen Garten Morisia, der nach etwa einem knappen Kilometer angelegt wurde.
Verschiedene Bereiche zeigen ortstypische Blumen und Sträucher, die aber jetzt natürlich noch im Winterschlaf waren. Einzig die Narzissen blühten schon.
Die Giara Tuili ist in diesem Bereich nicht so offen wie die Giara Setzu und Gesturi. Uralte Korkeichen säumen den Weg, dichter Baumbestand aus Steineichen ,Sommereichen, Sträucher, Erdbeerbaum, Mastix und Macchia bilden einen dichten Wald.
Ich würde da lieber nicht vom Weg abweichen, da kann man schnell im Nirgendwo landen und eventuell dem ein oder anderen Wildtier begegnen, das dann mehr oder weniger erfreut über den menschlichen Besuch ist.
Insgesamt gesehen rate ich, die Giara di Gesturi, die sich nun aus den verschiedenen Teilgebieten zusammensetzt, wenn möglich im Frühjahr bis Frühsommer zu besuchen, da es dort einfach von der Natur her gesehen weitaus üppiger ist, als im heißen Sommer oder Frühherbst. Die Hälfte der sardischen Pflanzenwelt soll auf der Giara beheimatet sein. Die Wege sind einfach zu begehen und ein Plan, den man an den Infopunkten erhält, hilft bei der Orientierung. Man kann ausgedehnte Wanderungen zu den Paulis machen oder mit dem Fahrrad die Hochfläche beradeln. Am schönsten waren für mich allerdings die immer wiederkehrenden Ausblicke vom Rand der Giara in die Ferne, die Ebene der Marmilla mit ihren Vulkankegelchen oder in nördlicher Richtung die beginnende Berglandschaft Innersardiniens.
Die kleine Schwester